Wissen ist die Wurzel jeder spirituellen Aktivität
Saṁvara [Teil 310]
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YUKTIPRABODHA mit dem SVOPAJÑAVṚTTI von Śvetāmbara Upādhyāya Meghavijaya [2 von 13]
1. Jetzt betritt der Digambara die Bühne:
Er glaubt, dass Frauen kein mokṣa erlangen können, dass der Allwissende weder isst noch trinkt und dass es für einen Haushälter oder Bettler, dessen Sinnbild etwas anderes ist [als das der Nacktheit], keine Möglichkeit füt mokṣa gibt. (Yuktiprabodha, Vers 21)
[Digambara:] Frauen, nämlich jene Wesen, die das physische Zeichen der menschlichen Frau haben, erlangen in diesem Leben kein mokṣa, denn ihre Seelen manifestieren nicht jene reine Transformation, die „ein vollkommenes Wesen“ (Siddha) genannt wird. Die spezifische Verwendung des Wortes „dravyataḥ“ [d.h. biologisch] weist darauf hin, dass Männer, die die weibliche Libido (bhāvataḥ) besitzen [und somit psychologisch als weiblich betrachtet werden können], der Erlangung von mokṣa nicht grundsätzlich entgegenstehen.[1]
2. [Frage eines Studenten:]
Was meinen Sie mit einer Person, die biologisch weiblich oder psychologisch weiblich ist? Wie lassen sich diese voneinander unterscheiden? Auf welcher Grundlage behaupten Sie, dass eine Person, die biologisch weiblich ist, nur fünf guṇasthānas erreichen kann, eine Person, die [biologisch männlich, aber] psychologisch weiblich ist, jedoch [alle] vierzehn guṇasthānas erreichen kann?
3. [Digambara:]
Hier besteht kein [Raum für Zweifel], da der Begriff „Veda“ in beiden Weisen erklärt wurde [nämlich sowohl als biologisches Geschlecht als auch als Libido]. Denn im Gommatasara heißt es:
Wenn die männliche, weibliche oder hermaphroditisches Libido aufsteigt, gibt es den inneren (bhava-)Zustand, der jeweils männlich, weiblich oder hermaphroditisch genannt wird. Wenn jedoch das Karma aufsteigt, das für die Erschaffung des Körpers verantwortlich ist, dann bedeutet dies biologisches (dravya-)Geschlecht. In den meisten Fällen besteht eine direkte Korrelation zwischen dem biologischen Geschlecht und der Libido, aber es gibt auch Fälle, in denen die beiden unterschiedlich sind. [Vers 259]
Die drei Libidos (veda), nämlich die männliche, die weibliche und die hermaphroditische, entstehen durch das Entstehen jener karmischen Vielfalt kleinerer Leidenschaften, die unter der Rubrik cāritramohanīyakarma zusammengefasst sind und ein angemessenes Verhalten verhindern. Die so abgeleitete psychologische Transformation bezeichnet diese Person als [psychologisch männlich, weiblich oder hermaphroditisch]. Ebenso ist das biologische Geschlecht einer Person, ob männlich, weiblich oder hermaphroditisch, eine besondere physische Transformation des Materials, aus dem der Körper besteht. Dies geschieht als Ergebnis des Entstehens mehrerer spezifischer Arten von Karmas, insbesondere nirmāṇa [allgemeine Körperform] und aṅgopāṅga [primäre und sekundäre Zeichen, wie männlich und weiblich], die unter der Kategorie nāma-Karma zusammengefasst sind.
4. Somit kann eine Person psychologisch als männlich (bhāvapuruṣa) bezeichnet werden, wenn ihr Geist von jenem sexuellen Verlangen überwältigt wird, das aufgrund des Aufkommens (udaya) der männlichen Libido (puṃveda) nach einer Frau verlangt. Ebenso kann eine Person psychologisch als weiblich (bhāvastrī) bezeichnet werden, wenn diese Person von jenem sexuellen Verlangen überwältigt wird, das aufgrund des Aufkommens der weiblichen Libido (strīveda) nach einem Mann verlangt. In gleicher Weise gilt: Wenn aufgrund des Aufkommens der dritten Art von Libido (napuṃsakaveda) das sexuelle Verlangen nach beiden besteht und das [gleichzeitige] sexuelle Verlangen nach beiden [Männern und Frauen] besteht, wird diese Person als psychologisch hermaphroditisch (bhavanapuṃsaka) bezeichnet.
5. Ebenso wird eine Person als biologisch männlich (dravyapuruṣa) bezeichnet, wenn eine Seele als Ergebnis der Verwirklichung von puṃveda -mohanīya und der nirmāṇa- und aṅgopāṅga-nāma-karmas einen Körper erhält, der durch männliche Merkmale wie Schnurrbart, Bart und männliches Glied gekennzeichnet ist; dies ist ein biologisches Geschlecht, das vom ersten Moment der jeweiligen Existenz bis zum letzten Moment dieses Lebens dasselbe bleibt. Eine Person wird als biologisch weiblich (dravyastrī) bezeichnet, wenn eine Seele als Ergebnis der Verwirklichung von stīiveda-mohanīya und der nirmāṇa- und aṅgopāṅga-nāma-karmas einen Körper erhält, der durch weibliche Merkmale wie haarloses Gesicht, Brüste und Geburtskanal gekennzeichnet ist; dies ist ein biologisches Geschlecht, das vom ersten Moment der jeweiligen Existenz bis zum letzten Moment dieses Lebens dasselbe bleibt. Ein Mensch wird als biologischer Hermaphrodit (dravyanapuṃsaka) bezeichnet, wenn seine Seele aufgrund der Erfüllung des napuṃsakaveda und der nirmāṇa- und aṅgopāṅga-nāma-karmas einen Körper erhält, der durch ein Geschlecht gekennzeichnet ist, das sich von männlich und weiblich unterscheidet; dies ist ein biologisches Geschlecht, das vom ersten Augenblick der eigenen Existenz bis zum letzten Augenblick dieses Lebens dasselbe bleibt.
6. Diese biologischen und psychologischen Unterschiede bleiben bei den Göttern, Höllenwesen und allen Tieren und Menschen des Reiches der Lust (bhogabhūmi) größtenteils in exakter Korrelation zueinander [d.h. die Libido entspricht dem biologischen Geschlecht].[2] Aber an anderen Stellen, nämlich bei jenen Menschen und Tieren im Reich der Tat [karmabhūmi, zu dem auch unsere Erde gehört], können das biologische Geschlecht und die Libido entweder identisch oder unterschiedlich sein. Somit sind folgende Kombinationen möglich: Die biologisch männliche Person kann entweder psychologisch männlich, weiblich oder Hermaphrodit sein; die biologisch weibliche Person kann entweder psychologisch männlich, weiblich oder Hermaphrodit sein; die biologisch hermaphroditische Person kann entweder psychologisch männlich, weiblich oder Hermaphrodit sein. Somit gibt es im karmabhūmi keine unveränderliche Entsprechung zwischen dem biologischen Geschlecht und der Libido in Bezug auf Männer und Frauen [und den Hermaphroditen]. In den Heiligen Schriften heißt es, dass ein Mensch, der biologisch männlich ist, alle drei Arten von Libido haben kann, bis er sie alle eliminiert, indem er die [neunte guṇasthāna, genannt] anivṛttikāraṇa erreicht [durch den Prozess des Erklimmens der Leiter der Zerstörung (kṣapaka-śrenī) der Libido und anderer Leidenschaften:]
In gleicher Weise können jene [Männer], die der Befriedigung der anderen [weiblichen und hermaphroditischen Libido] unterworfen sind, ebenfalls mokṣa erlangen, wenn sie mit der Meditation fortfahren. [Prakrta-Siddhabhakti, 6; siehe Punkt 8 in nächster Sequenz]
Dieser Vers zeigt die Möglichkeit [dass ein männlicher Bettler sogar weibliche oder hermaphroditische Libido zu Beginn des Erklimmens der Leiter der Zerstörung erleben kann].[3]
7. [Ein Student bat um Klarstellung: So wie ich es verstehe, impliziert dieser von Ihnen zitierte Text, dass auch eine Frau und ein Hermaphrodit mokṣa auf dieselbe Weise erlangen können wie Männer.] Wenn das der Fall ist, muss eine Frau auch in der Lage sein, vierzehn [guṇasthānas] zu erlangen. [Angesichts Ihrer dargelegten Ansicht, dass Frauen mokṣa nicht erlangen,] wie kann das dann so sein?
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[1] Der Text zitiert an dieser Stelle (S. 76, Zeile 6, bis S. 78, Zeile 5) wörtlich eine lange Passage aus dem Gommatasara-vrtti (Verse 694-701), die sich mit den guṇasthānas befasst, die eine Seele in einem bestimmten Daseinszustand erreicht. Menschen, die im Reich der Handlung (karmabhūmi = das ist das geistige Land, in dem diejenigen leben, die Karma zerstören, indem sie die verdienstvollen Karmas mit fleischlichen Genüssen mit allen fünf Sinnen verzehren, bis sie mit kśāyopaśama die Ebene der Leidenschaften erreicht haben, auf der sie bereit sind, dīkṣā zu nehmen und dann die verdienstvollen Karmas durch tapas abzulegen), können allein alle vierzehn guṇasthānas erlangen (d.h., kann mokṣa noch in diesem Leben erlangen AΩ). Der Autor lenkt hier die Aufmerksamkeit auf die Schrift, in der gesagt wird, dass alle Menschen, und nicht nur Männer, die vierzehn guṇasthānas erlangen können (ein Argument, das zuerst vom Yāpaṇīya-Autor Sakatayana in Pt. 137 vorgebracht wurde, siehe) und daher auch nach der Digambara-Schrift "Dies bezieht sich auf die jñānavaraṇīya (die wissensverdeckenden) und die darśanavaraṇīya (die wahrnehmungsverdeckenden) karmas" [siehe Saṁvara [Teil 307] Anmerkung 1 oder Saṁvara [Teil 297] pt. 70: "Der Status von Männern und Frauen [in Bezug auf die Gelübde] ist gleich", bzw.], können Frauen mokṣa erlangen.
[2] Zu den Begriffen der Bereiche des Vergnügens und der Handlung siehe Saṁvara [Teil 286] Anmerkung 4.
[3] Die Leiter der Zerstörung von Karmas (kṣapaka-śrenī, siehe dazu Saṁvara [Teil 305], Punkt 118 und Saṁvara [Teil 304] Punkt 117 Anmerkung 4, die von einem Aspiranten mit jeder Libido begonnen werden kann, beginnt im achten guaṇasthāna. Im neunten Stadium werden alle drei Libidos vollständig zerstört. Nur eine subtile Variante der Leidenschaft namens sañjvalanalobha kaṣāya (Verlangen nach Leben) bleibt bestehen, die ebenfalls im zwölften guṇasthāna zerstört wird (siehe Tabelle der drei Karmaphasen, 1. Bandha-, 2. Udaya-, 3. Sattā-phase (1. Nehmen von neuem Karma; 2. Reifen von Karma, 3. Karma schon in Existenz – korrespondierend zur jeweiligen Guṇasthāna zusammengefasst in einer Excel-Datei). Dies ist ein irreversibler Verlauf und die Seele muss sofort zum Stadium der Arhatschaft (dem dreizehnten guṇasthāna) übergehen und am Ende DIESES LEBENS (vierzehnte guṇasthāna) mokṣa erlangen AΩ.