PARIŚIṢṬAPARVAN
STHAVIRAVALĪ Auszüge aus Hēmachandrācāryas PARIŚIṢṬAPARVAN [251 von 285]
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Anhang I [34 von 67]
Literarische Nachweise
VII, 85. Kalpaka [8] https://www.om-arham.org/blog/view/9301/parisi%E1%B9%A3%E1%B9%ADaparvan.
Eine andere Fassung des Folgenden enthält Śukasaptati simpl. und Mar. 48, Hs. A 50, orn. 58. Vgl. auch das Fragment Śuk. simpl. 63. Hier heisst der Minister König Nandas Śakaṭāla (in Mar. Saṃkaṭāri, in Hs. A Śakaṭāli). Der Minister legt dabei aber andere Proben seines Scharfsinns ab. Von dem Mittel, durch welches der Vater am Leben erhalten wird, und vom Tod der Söhne erzählen die Śukasaptati-Fassungen nichts. In Mar. fehlt die Angabe, dass die Söhne mit dem Vater gefangen gesetzt wurden. In orn. fehlt überhaupt die Geschichte von der Gefangensetzung des Ministers. — Diese Episode kommt dagegen mit dem Namen Śakaṭāla (während der König der sagenberühmte Duryōdhana ist) in zweien von den bis jetzt bekannten Hitopadeśa-Handschriften vor. In der modernen Bonner Handschrift, Gildemeister, Cat. S. 142, Nr. 86 [89a 1] und in der Handschrift der Bodleiana, Aufrecht Cat. Nr. 341, sind zwei Erzählungen in schlechter Prosa eingeschoben, deren erste die Episode enthält. Der Sanskrit-Text dieser Erzählungen ist von Hertel, Zs. d. Deutschen Morgenl. Gesellschaft LV, S. 489 ff. veröffentlicht, mit Nachträgen S. 693 ff. Beide Erzählungen gehen auf ein metrisches Original zurück, das sich noch nicht gefunden hat. Die erste lautet:
Die Erzählung von Śakuni,
In die Hofversammlung Duryōdhanas, die rings mit den Scharen aller Angehörigen der Kriegerkaste und dem Kreise der Gelehrten geziert war, kam eines Tages Yudhiṣṭhira. Als diesen Duryōdhana erblickte, rief er ihn mit den Worten heran: „Ei, komm' her, du Sohn der Ehebrecherin!" Da ging Yudhiṣṭhira beschämt nach Hause und erzählte einst dem Kṛṣṇa den Vorwurf, den ihm Duryōdhana gemacht hatte. Als Kṛṣṇa dies hörte, sagte er: „Auch Duryōdhana ist ein Witwensohn. Rufe du ihn mit dem Worte Witwensohn an." Darauf ging Yudhiṣṭhira fröhlich, Kṛṣṇa folgend, wieder in Duryōdhanas Hofversammlung. Als ihn dieser sah, sagte er wieder: „Komm' her, du Sohn der Ehebrecherin!" Da entgegnete ihm Yudhiṣṭhira: „Ei du Witwensohn! Du sogar verlachst einen anderen und kennst dich selbst nicht. Geh zu deiner Mutter und lass dir deine Geschichte erzählen!"
Da ging Duryōdhana mit zornroten Augen zu Gāndhārī und sagte zu ihr: ,Yudhisthira hat mich in der Versammlung einen Witwensohn genannt; ist diese Anrede unberechtigt oder berechtigt? Sage, was du weifst." Da antwortete ihm Gāndhārī: „Als ich noch ein Mädchen war, da schrieben die Wahrsager in mein Horoskop: "Wenn dieses Mädchen an ihrem Hochzeitstag ihren Gatten anblickt, so wird er sogleich zu Asche werden". Darum vermählte mich mein Vater zunächst mit einem blühenden Baume. Darauf wurde der Baum, als ich ihn anblickte, augenblicklich zu Asche. Dann wurde ich mit Dhṛtarāṣṭra verheiratet. Darum hat Yudhiṣṭhira so gesprochen."
Als Duryōdhana diese Rede seiner Mutter gehört hatte, dachte er, da er von Natur ein böser Mensch war: „Wer das getan hat, den will ich mit all den Seinigen umbringen." Er marschierte gegen das Schloss des Königs von Gāndhāra, fesselte ihn samt seiner Umgebung, führte ihn in seine Stadt, liefs innerhalb der Grenzen des Gefängnisses eine Grube herstellen und über dieser eine Öffnung anbringen, um Speisen durch sie zu reichen usw., stellte einen Mann dazu an und setzte (den König mit den Seinen) darin gefangen. Am Ende jedes Tages gab er ihnen Speise, die zur Ernährung eines einzigen Mannes ausreichte.
Da dachte der König von Gāndhāra in seinem Herzen: "Wir sind doch viele. Durch die Speise, die nur für die Ernährung eines Mannes ausreicht, lässt sich unser aller Leben nicht fristen." Deshalb rief er Śakuni zu sich und sprach: "Lieber Sohn, iss du dies allein und lebe, um uns an Duryōdhana zu rächen. Da wir nicht essen, so werden wir sterben. Wenn ich aber tot bin, so nimm meine Gebeine und fertige Würfel aus ihnen. Sie werden dir Erfolg bringen. Du wirst es sicherlich mit ihrer Hilfe erreichen, dass jene zu Grunde gehen."
Darauf starben der König von Gāndhāra und die andern. Jener aber tat so.
Eines Tages pisste Duryōdhana an einem Feigenbaum. Ein Samenkorn des Feigenbaumes aber fiel in den Harn und tauchte darin auf und unter. Als er dies bemerkte, musste er lachen; denn er dachte: „Aus einem solchen Körnchen ist dieser grosse Baum entstanden."
Zufällig kamen Frauen heran, und da sie ihn lachen sahen, lachten sie auch. Darüber wurde der König zornig und schickte sie ins Gefängnis. Śakuni, der dort in der Grube steckte, sah sie und fragte sie: „Durch welches Vergehen seid ihr ins Gefängnis gekommen?" Da entgegneten sie: „Als wir Duryōdhana in der Nähe eines Feigenbaumes beim Pissen lachen sahen, haben auch wir gelacht. Weiter wissen wir nichts." Da befragte Śakuni die Würfel. Durch deren Zauberkraft erfuhr er die Ursache des Lachens Duryōdhanas und sagte zu den Frauen: „Geht ihr zum König und sprecht so und so. Dann wird er euch freilassen."
Da wirkten sie vom König die Erlaubnis aus, gingen zu ihm und sagten: „0 Grosskönig, wir haben erfahren, warum deine Majestät beim Pissen gelacht hat. Nämlich: als du ein in den Harn gefallenes Samenkorn des Feigenbaumes auf- und untertauchen sahst, dachtest du: „Aus einem solchen Körnchen ist dieser grosse Baum entstanden." Das war die Ursache deines Lachens."
Als das Duryōdhana hörte, wunderte er sich. Er dachte: „Wie haben diese erraten, was in meinem Herzen vorging?" und fragte sie zornflammend: „Woher wisst ihr das? Redet die Wahrheit! Wenn nicht, so lasse ich euch töten." Da fürchteten sie sich sehr und sprachen: „In einer Grube im Gefängnis steckt jemand, der hat uns das gesagt."
Da gab sie Duryōdhana frei, schickte Boten, liess ihn aus der Grube des Gefängnisses holen und vor sich führen und fragte ihn: „Wer bist du?" Da sagte auch dieser:
„Ich bin Śakuni, deiner Mutter Bruder. Der König von Gāndhāra und die andern sind gestorben. Ich allein bin übriggeblieben."
Als Duryōdhana das hörte, schämte er sich und sprach zu Śakuni: „Lass die Trauer um das Vergangene. Du also weifst alles. Da kann ich dich ja zu meinem Minister machen. Von heute ab bleibst du in meiner Nähe und bist der Aufseher über alles."
Weil nun Śakuni nach seines Vaters Weisung an ihm Rache nehmen wollte, willigte er ein, und da er im Innern böse und dabei geduldig war, blieb er in seiner Nähe, betrog ihn nach einiger Zeit im Würfelspiel usw., gab schlechte Ratschläge, erweckte ihm Feindschaft mit den Pāṇḍava und richtete Duryōdhana mit seiner Umgebung zu Grunde. —
Vgl. auch Benfey, Kleinere Schriften III, S. 164 ff. und Chauvin, Bibl. d. ouvr. arabes VI, S. 38, Anm. 5 u. 201. — Zu den Grundgedanken: Unglück des Reichs durch Vernichtung der Minister und Schrecken des Feindes durch weise Aussprüche des Ministers vgl. Chauvin, Bibl. des ouvr. arabes II, S. 217 f. Ähnlich auch Bibl. des ouvr. arabes VIII, S. 133, Nr. 126 u. *J. des savants, 1905, S. 645. Zur Strafe vgl. die Bestrafung der Antigene bei Sophokles.
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