PARIŚIṢṬAPARVAN

    Alexander Zeugin

    STHAVIRAVALĪ Auszüge aus Hēmachandrācāryas PARIŚIṢṬAPARVAN [195 von 284]

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    Canakya [17 von 31]

     

    Cāṇakya füllt den leeren Schatz [1 von 1]

    Eines Tages bedachte sich Cāṇakya, daß Candraguptas Schatz leer war. Da füllte er einen Topf mit Dīnāren bis zum Rande und verkündete öffentlich: „Würfelt mit mir! "Wer mich im Spiel besiegt, der soll den mit Dīnāren gefüllten Topf bekommen; das sei mein Einsatz! Wen aber ich besiege, von dem, ihr Leute, fordere ich nur einen Dīnār. Dies mein Wort gleicht einer in einen Felsen gemeißelten Linie.[1] Und nun begann er Tag und Nacht mit den Leuten zu spielen; da aber seine Würfel falsch waren, so mußte er stets gewinnen. Weil ihm jedoch dieses Mittel, zu Gelde zu kommen, zu langwierig und der Gewinn zu gering erschien, so gedachte er ein anderes Mittel zu probieren. Er ließ alle Bürger zusammenrufen, ließ sie mit Speisen bewirten und gab ihnen vom besten Wein in Fülle zu trinken. Während des Trinkgelages aber ließ er lärmende Tanzweisen aufspielen. Lachen, Tanzen, Singen und anderes, was die Trunkenen zu tun pflegen, führte Cāṇakya herbei; denn er verstand es, Mittel zum Gelderwerb zu finden. Und indem er das tat, sang er das Lied:

    Zwei Gewänder hab' ich, von Rötel rot,

    Einen Dreistab und Krug aus Gold;[2]

    Der König tut alles nach meinem Gebot:

    Darum ertöne die Laute,[3] die holde!

    Als daraufhin die Spielleute eine Weise auf der Laute gespielt hatten, da sang ein anderer, ein Bürger, der berauscht war, indem er die Hand emporhob:

    Schreitet tausend Meilen weit ein Elefant,

    Seine Füße drückend in den Sand,

    Kann ich jede der gedrückten Tüllen

    Wohl mit tausend Golddīnāren füllen.

    Nachdem die Laute wie vorher gerührt war, sang wieder einer:

    Säet einen Scheffel Sesam aus,

    Laßt ihn keimen, reiche Körner tragen:

    So viel tausend Golddīnāre birgt mein Haus.

    Niemand wüßte ihre Zahl zu sagen.

    Wieder wurde die Laute gerührt, worauf ein anderer sang:

    Wenn zur Regenzeit die Wolken kehren wieder,

    Stürzt mit voller Flut der Strom vom Berge nieder.

    Und ich will die Butter nehmen, die die Kühe

    Mir an einem Tage spenden sonder Mühe,

    Will mit ihr errichten einen hohen Wall,

    Der die wilden Finten hemmt zum Wasserfall.

    Wie vorher ward die Laute gerührt, und es sang abermals einer:

    Zog' ich allen Füllen, edlen Rossen

    An demselben Tag bei mir entsprossen,

    Ihre Mähnen aus, von allen Ecken

    Könnt' ich damit unsre Hauptstadt decken,

    Einer Spinne gleich, die einen Baum

    Zieht in ihres Netzes Raum.

    Die Laute ward wieder gerührt, und ein andrer sang:

    Zwei Stöcke Reis verschiedner Art[4]

    Hab' ich in meinem Haus verwahrt.

    Wie man sie schneidet und sie schert.

    Gleich sind sie wieder mit Frucht beschwert.

    Dies sind die beiden Edelstein',

    Die ich verwahre im Hause mein.

    Das Spiel wurde gerührt, wie vorher, und ein anderer Berauschter sang:

    Im Hause liegt zu Tausenden das Geld:

    Bin schuldenfrei: 's ist alles wohl bestellt.

    Nach edler Sandelsalbe riecht mein Leib,

    Und stets gehorsam fügt sich mir mein Weib:

    So gut wie mir geht's keinem in der Welt.

    Wieder wurde das Spiel gerührt. Aber Cāṇakya, der in hervorragender Weise Klugheit und Wissen in sich vereinigte, hatte sich auf diese Art über den Reichtum aller Reichen unterrichtet. Das Gold, gemessen nach den Fußspuren eines eine Meile gehenden Elefanten, ebenso Tausende von Golddīnären, berechnet nach den Sesamkörnern, die von einem Sesamstock geerntet waren, monatlich so viel Schmelzbutter, als an einem Tage aus der Butter der Kühe bereitet wurde, so viel edle Fohlen, als an einem Tage geworfen wurden und so viel Reislasten, als nötig waren, die Kornkammern zu füllen, mußten jene Reichen dem Cāṇakya liefern; denn er kannte ihr Geheimnis. Und durch diesen Reichtum verhalf Cāṇakya dem Maurya zur Macht. Denn ein kluger Minister ist eine Wunschkuh für die Könige.[5]

     

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    [1] Es ist unverwischbar, wie eine Felseninschrift. "Ihr dürft ihm felsenfest vertrauen".

    [2] VIII, 221. Cāṇakya rühmt sich mit Absicht, daß sein Krug nicht, wie bei den anderen Asketen, aus Ton, sondern aus Gold besteht. Die von ihm geladenen Reichen merken unter dem Einfluß des Alkohols seine Absicht nicht und gehen richtig in die Falle, die Cāṇakya ihnen stellt.

    [3] Im Text steht ein Wort, das nur hier und in den folgenden Zeilen vorkommt. Die Übersetzung ist also nicht sicher. Es kann auch sein, daß wirklich "Tusch geblasen" wurde.

    [4] Im Texte śāli-Reis und gardabhikā-śāli „Eselinnen-Reis". Diese zweite Sorte ist sonst unbekannt. Es handelt sich hier in beiden Fällen um Wunderpflanzen, botanische Verwandte des "sich streckenden" Esels.

    [5] II, 291.