PARIŚIṢṬAPARVAN
STHAVIRAVALĪ Auszüge aus Hēmachandrācāryas PARIŚIṢṬAPARVAN [7 von 284]
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PRASANNACANDRA [2 von 17]
Als der König auf seinem Haupte dieses graue Haar erblickte, das ihm vorkam wie das Schwert des dritten Alters,[1] welches die Jugend vernichtet, ward er betrübt. Da sagte Dhāriṇī: „Warum, o König, schämst du dich des Alters? Wenn du schon beim Anblick eines einzigen grauen Haares so betrübt bist, so laß unter Trommelwirbel allem Volke gebieten, daß niemand auch nur im zufälligen Gespräch dein Alter erwähne".
Der König erwiderte: „Ich schäme mich nicht beim Anblick des grauen Haares, sondern dies, o Herrin meines Lebens, ist die Ursache meiner Trauer. Meine Ahnen nahmen das Gelübde (des Mönchslebens im Walde) auf sich, ehe sie ein graues Haar gesehen; ich aber, meine Liebe, bin ergraut, während ich noch an den Sinnenfreuden hing. Trotzdem will ich sogleich das Gelübde auf mich nehmen: aber wie kann ich unserm Sohne, der noch Milch am Munde hat, das Reich übergeben? Indessen, was kümmert mich Reich, was kümmert mich Sohn, wenn ich das Gelübde auf mich nehmen will? Bist du doch klug. Ich werde das Gelübde auf mich nehmen, und du erziehe unseren Sohn".
Aber Dhāriṇī sagte: „Ich vermag nicht ohne dich zu bleiben; denn ein gutes Weib folgt seinem Gatten in jeder Lebenslage. Darum übergib dein Reich deinem Sohn, obgleich er noch ein Kind ist; ich dagegen will dir auch im Walde gehorsam dienen und wie dein Schatten dir zur Seite bleiben. Mein Sohn Prasannacandra mag, so jung er ist, gedeihen nach seinen (in früheren Existenzen begangenen) Taten, wie ein Baum, der im Walde wächst).[2] Was soll ich mich um ihn kümmern?"
Da übergab Sōmacandra seinem Sohne das Reich und ward samt seiner Gattin und seiner Amme ein heimatloser Asket. Er suchte eine Einsiedelei auf, die lange leer gestanden hatte, und übte schwere Askese, sich nur von trockenem Laub und ähnlichen Dingen nährend. Aus Palāśa-Blättern[3] stellte er eine Einsiedlerhütte her, eine Trinkhalle, in welcher dem Wild und den Wanderern das Amṛta[4] kühlen Schattens gespendet wurde. Seiner Gattin brachte er das wohlschmeckendste Wasser und die süßesten Baumfrüchte,denn er war durch die Fäden der Liebe mit ihr verbunden.[5] Dhāriṇī aber, die ihren Gatten gleichfalls zärtlich liebte, richtete ihm aus weichen Gräsern eine Lagerstätte her. Aus reifen Ingudī-Früchten,[6] die sie zerpreßte, gewann sie am Tage das Öl, mit dem sie nachts die Lampen speiste. Mit feuchtem Kuhmist, den sie im Walde sammelte, bestrich sie den Hof der Einsiedelei,[7] und kehrte ihn wieder und wieder, damit ihr Gatte sich wohlbefände. Die Gatten hegten in ihrer Siedelei Gazellenkälber und lebten auf diese Weise eine Zeit lang, ohne die Mühsale der Kasteiung zu empfinden.
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[1] Die drei Alter, auf die hier angespielt wird, sind Kindheit, Mannesalter, Greisenalter. Das zweite wird durch die Ehe gekennzeichnet, das dritte durch das Büsserleben im Walde.
[2] S. Einl. Die Jaina [6 ] ff. https://www.om-arham.org/blog/view/9122/parisi%E1%B9%A3%E1%B9%ADaparvan.
[3] Palāśa oder Kiṃśuka, ein Baum (Butea frondosa).
Sanskrit: palāśa = grausam; ein Rākṣasa; name von Magadha; roter Lak (rote Schildlaus aus der die rote Farbe gewonnen wird), und curcuma zedoaria Zitwerwurzel – Wikipedia.
[4] Amṛta, nach hinduistischer Anschauung der Götterwein, der Unsterblichkeit verleiht, „Nektar“.
Sanskrit: amṛta = Ewigkeit, Ambrosia, Unsterblichkeit, Gold, unerbetene Almosen, kollektive Körperschaft der Unsterblichen, vier, wahrer Nektar, Süßigkeiten, endgültige Emanzipation, irgendetwas Süßes, Lichtstrahl, Name eines Versmasses, Quecksilber, Wasser, Welt der Unsterblichkeit, Birne, Nektar- wie Nahrung, Milch Butterschmalz, Himmel, Gegenmittel gegen Gift, nicht tot, unsterblich, geliebt, unvergänglich, wilde Hülsenfruchtpflanze, Gott, Überbleibsel eines Opfers, Zahl.
[5] Wörtlich: „vernäht“.
[6] Terminalia Catappa Katappenbaum – Wikipedia oder Balanites indica Balanites roxburghii - Wikipedia gemäss Hertel; Laut Sanskrit Diktionär hat der Iṅgudī-Baum verschiedene Synonyme: visaṃkaṭa (auch Bedeutung Löwe), hiṅgupattra (auch Bedeutung, das Blatt der Asa Foitida); aṅgārapuṣpa S. Asant – Wikipedia und Asafoetida - Wikipedia.
[7] Diese Verwendung findet der Kuhdünger noch heute in Indien. Da die Kuh ein heiliges Tier ist, so gilt er als reine Substanz.