RATNAKARAṆḌAKA-ŚRĀVAKĀCĀRA von Samantabhadra ca. 150 bis 250 n.Chr.
Ācārya Samantabhadras Ratnakaraṇḍaka-śrāvakācāra –
Schmuckschatulle für das Verhalten des Haushälters [300 von 330]
ERLÄUTERUNG von Vers 132 [1 von 1]
Ācārya Umāsvāmis Tattvārthasūtra:
Da die Ursache der Bindung fehlt und die Dissoziation der Karmas funktioniert, ist die Vernichtung aller Karmas Befreiung.[1]
(Emanzipation wird erreicht) durch die Zerstörung psychischer Faktoren wie Quietismus und Potentialität.
Ausser unendlichem Glauben, unendliches Wissen, unendliche Wahrnehmung und unendliche Vollkommenheit.
Unmittelbar danach schießt die Seele bis ans Ende des Universums.
Jain, Vijay K. (2011), „Āchārya Umāsvāmis Tattvārthasūtra“, S. 146–147.
Ācārya Nemicandras Dravyasaṃgraha:
Die befreiten Seelen (Siddhas) sind von acht Arten von Karma befreit, besitzen acht Eigenschaften, haben eine etwas geringere Form als die des letzten Körpers, befinden sich am Gipfel des Universums und sind durch Beständigkeit (dhrauvya), Entstehung (utpāda) und Vernichtung (vyaya) gekennzeichnet.
Adaptiert nach:
Jain, Vijay K. (2013), „Ācārya Nemichandras Dravyasaṃgraha“, S. 48.
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[1] Der Leser wird auf den Unterschied zwischen den beiden Stufen des „Arhat“ und des „Siddha“ hingewiesen. Das Erlangen der Allwissenheit wird im ersten Sutra dieses Kapitels beschrieben, das Erlangen der vollständigen Befreiung im zweiten. Allwissenheit wird durch die Zerstörung des täuschenden, des wissensvernebelnden, des wahrnehmungsvernebelnden und des hinderlichen Karmas in der im ersten Sutra genannten Reihenfolge erlangt. Solange das täuschende Karma sehr mächtig ist, ist spiritueller Fortschritt sehr langsam, wenn nicht gar unmöglich. In diesem Zustand ist das Selbst nahezu ein Sklave der wirkenden karmischen Kräfte und wird im Ozean der Seelenwanderung hin und her geworfen. Das Geheimnis spirituellen Fortschritts liegt in der mühsam und mit großer Anstrengung erlangten Überlegenheit des Selbst über das täuschende Karma. Erst dann wird das Selbst Herr des Bösen und beginnt, es erfolgreich zu überwinden. Es ist zweifellos ein harter Kampf zwischen dem Selbst und dem Bösen, und dieser lange und mühsame Kampf kann Höhen und Tiefen mit sich bringen. Doch die unerschrockene und unbesiegbare Seele führt den Kampf unaufhörlich fort, erlangt allmählich die Oberhand über die Mächte des Bösen, rottet das Böse schließlich mithilfe reiner Konzentration aus und geht als Sieger hervor. Diese epische Geschichte vom Kampf der Seele mit den Mächten des Bösen kann mit großem Interesse in den zahlreichen Meisterwerken der Jaina-Literatur in Sanskrit, Tamil, Kannada und anderen indischen Sprachen gelesen werden. Diese vier – das täuschende, das wissensvernebelnde, die wahrnehmung vernebelnde und das behindernde Karma – werden destruktive (gh ti) Karmas genannt, da diese vier Hauptarten von Karma mit den vier im vierten Sutra beschriebenen Unendlichkeiten, die die wesentlichen Merkmale der Seele darstellen, interferieren.
Die anderen vier Hauptarten werden nicht-destruktive (aghāti) Karmas genannt, da sie diesen vier Unendlichkeiten nicht schaden. Der selbsterlangende Allwissenheitserlanger wird ein Arhat, und der selbsterlangende vollständige Loslösungserlanger ein Siddha. Zwischen dem Erreichen dieser beiden Stufen kann ein längerer oder kürzerer Zeitraum liegen. Dies hängt von der verbleibenden Lebensspanne der Manifestation der Allwissenheit ab. Diese kann von Seele zu Seele unterschiedlich sein. Bis zur vollständigen Erlösung ist der Arhat mit dem Körper verbunden. Sobald die anderen vier Karmas vollständig zerstört sind, steigt die befreite reine Seele (Siddha) zum Gipfel des Universums auf und verweilt dort in ewiger Glückseligkeit.
Jain, S.A. (1960), „Reality“, S. 282 – Deutsch-Übersetzung AΩ (2012), “Wirklichkeit”.