RATNAKARAṆḌAKA-ŚRĀVAKĀCĀRA von Samantabhadra ca. 150 bis 250 n.Chr.
Ācārya Samantabhadras Ratnakaraṇḍaka-śrāvakācāra –
Schmuckschatulle für das Verhalten des Haushälters [176 von 330]
ERLÄUTERUNG von Vers 71 [1 von 2]
Mit der Seele verbundenes Karma neigt dazu, deren natürliches Funktionieren zu beeinträchtigen. Durch den Einfluss des Karmas gerät die Seele in einen Zustand der Schwäche und handelt dann auf eine Weise, die ihren natürlichen Neigungen zuwiderläuft. Die Affinität zwischen der Seele und der karmischen Materie lässt sich dadurch erklären, dass erstere die letztere kennt und genießt. Die Seele ist der Genießende, und die Materie das Objekt des Genusses; daher besteht zwischen ihnen eine Subjekt-Objekt-Beziehung. Die Wechselwirkung zwischen Seele und Materie kann nur stattfinden, wenn Seele und Materie vom Verlangen nach Sinnesgenuss angetrieben werden. Umgekehrt kann Materie nur dann auf die Seele einwirken, wenn diese durch ihre Leidenschaften verletzlich wird. Der Mensch unter dem Einfluss von Karmas kann Versuchungen nicht widerstehen und verfällt vier Arten von Leidenschaften – Zorn, Stolz, Hinterlist und Gier. Infolge des Aufkommens von Leidenschaften in der Seele verbindet sich physische Materie mit ihr und verwandelt sich in karmische Materie, die dann als Karmas verschiedener Art bekannt wird.
Die vier oben genannten Leidenschaften werden entsprechend ihrer Stärke in vier Klassen unterteilt:
1. anantānubandhī – die bösartigste: diejenige, die aufgrund falschen Glaubens zu einem endlosen Kreislauf weltlichen Daseins führt.
2. apratyākhyāna – die höchst bösartige: diejenige, die selbst die teilweise Enthaltsamkeit des Haushälters verhindert.
3. pratyākhyāna – bösartig: Das, was die Einhaltung der Gelübde des Haushälters ermöglicht, aber den strengeren Gelübden des Asketen im Wege steht.
4. sañjvalana – glänzend: Das, was vollkommenes Verhalten stört. Es glänzt mit Selbstbeherrschung oder leuchtet sogar in ihrer Gegenwart. Es hält die Seele lediglich von reiner Selbstkonzentration ab.
Die Kraft der vier Arten von Leidenschaften wurde mit einer Linie verglichen, die auf Stein, Erde, Staub und Wasser gezogen wird. (Für Einzelheiten, s. Saṃvara [Teil 346] AΩ)
Jain, Vijay K. (2014),
„Ācārya Pūjyapādas Iṣṭopadeśa – Die goldene Rede“, S. 87–88.
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